Reisebericht Februar 2022
Liebe Mitglieder und Freunde,
Es hat seit Anfang Dezember nicht einen Tropfen geregnet. So eine Hitze und Trockenheit haben wir lange nicht erlebt. Am späten Abend waren es bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit noch mindestens 30 Grad.
Der Bau der Schule war eine sehr große Kraftanstrengung für alle Beteiligten in Deutschland aber auch in Kenia. Der Betrieb einer Schule ist aber ein Kraftakt, den man nicht unterschätzen sollte. Unsere Lehrer, geführt von einem sehr engagierten Direktor, machen eine sehr gute Arbeit. Solche Dinge wie Finanzplanung, Kassenbuch, Ausgaben-Einnahmen -Rechnungen, Funktionspläne, Werterhaltung, Sauberkeit und das Abgeben und Zuteilen von Verantwortung hat in Kenia bei weitem nicht den Stellenwert, den wir erwarten und einfordern. Die ganze Woche haben wir all diese Dinge mit der Leitung besprochen und die Abläufe strukturiert. Da sich dies täglich über Stunden bei Temperaturen um die 35 Grad hinzog, waren wir jeden Abend vollkommen erschöpft, aber auch froh, wieder ein kleines Stück Struktur im Ablauf geschaffen zu haben. An dieser Stelle möchten wir den beiden mitgereisten Vorstandsmitgliedern der Kenianischen NGO Rose und Udo danken, dass sie auch ihren Urlaub dazu verwendet haben, die vielen buchhalterischen und technischen Probleme anzugehen.
Ein Nachmittag war mit einer Vorstandssitzung der Kenianischen NGO ausgefüllt. Hierbei ging es um Arbeitsverträge, Mietverträge und das Festlegen der Verantwortlichkeiten im Schulablauf.
Ein weiterer Nachmittag, war durch ein Lehrermeeting ausgefüllt. Alle 18 Lehrer nahmen teil. Kein Lehrer hat die Schule verlassen. Das Hauptproblem aller Lehrer war die Höhe der Gehälter. Viele brachten zum Ausdruck, dass das Geld nicht langt, ihre Kinder zu ernähren. Ein Lehrer verdient zwischen 120 und 170 €. Davon gehen noch 20% Steuern und Versicherung ab. Weiterhin zahlen sie für ihren Wohnraum von ca. 10 -20 m² 40 bis 60 € Miete. Für die Versorgung bleiben da oft nur 50 bis 70 € pro Monat. Die Reinigungskräfte und die Security bekommen nur 80 € pro Monat. Die Männer der Security arbeiten täglich 12 Stunden und sieben Tage in der Woche ohne einen Tag frei. Das ist in Kenia so üblich und mehr können wir auch nicht bezahlen. Trotzdem sind sie noch privilegiert, da sie über ein kleines Einkommen verfügen.
Wir haben wieder einen kompletten Koffer voller Briefe mitgenommen und die 70 Mütter mit ihren Kindern in die Schule bestellt. Das Geld aus den Briefen zu nehmen, auf der Bank umzutauschen und wieder in die Umschläge zu verteilen, beansprucht viel Zeit, aber dann in die Gesichter der Mütter zu sehen, die ihren Familien für eine kurze Zeit mit Nahrungsmitteln versorgen können, lohnt diesen Aufwand auf jeden Fall.
Lucy, eine Studentin, die wir vor Jahren in einem Kaffee kennengelernt haben, studierte Hafenlogistik und wir konnten sie über einige Zeit unterstützen. Da sie aber eine kenianische Frau ist, keine Inderin oder Chinesin und auch keinem Araberclan angehört, bekam sie keine Arbeit im Hafen. Sie arbeitet nun als Kellnerin für 100€ jeden Abend bis 22,00Uhr in einem Hotel ohne Arbeitsvertrag und ohne Krankenversicherung. Da Sie die Einzige mit einem Einkommen ist, bezahlt sie auch noch die Miete von 35€. Wir wollen sie zur Probe als Buchhalterin einstellen, um den Direktor etwas von der Verwaltungsarbeit zu entlasten.
Die Mutter des kleinen geistig schwerbehinderten Mädchens Amina, die ihr Kind ohne Ehepartner und ohne jegliches Einkommen aufzieht, werden meine Frau und ich in Form einer Patenschaft unterstützen. In unsere Schule wird sie nicht gehen können, aber vielleicht finden wir eine dementsprechende Einrichtung für sie. Wenn es sich herumspricht, dass wir vor Ort sind, kommen die Menschen mit vielen solchen Problemen zu uns und sehen darin ihre einzige Hoffnung. Diese vielen Einzelschicksale bewegen und beschäftigen uns immer sehr. Das schlimmste ist, dass wir selektieren müssen, weil wir nicht allen helfen können.
Für 378 Kinder ist unsere Schule ein Hort der Zukunft, mit Mittagessen, Trinken und einer Struktur, die sie von zu Hause nicht kennen. Ein Kind hat im letzten Schuljahr die Schule verlassen und 500 Kinder stehen auf einer Warteliste und hoffen auf einen Sponsor.
Für alle Beteiligten ist diese Arbeit schon eine Herausforderung an Zeit, Engagement oder auch Geld. Aber so vielen Kindern eine Unterstützung und Hilfe bei ihrer Entwicklung geben zu können ist doch ein gutes Gefühl.
Viele Eltern können es nicht und sind uns deshalb so dankbar.
Viele Grüße aus Klettbach
Gerd & Gabriele Keßler